Benötigen wir eine eigenständige europäische Armee? Eine Armee, die den geopolitischen Gegebenheiten Europas entspricht, ein Verteidigungsbündnis, welches die sicherheitspolitische Ausgangslage reflektiert, in der sich unser altehrwürdiger Kontinent befindet? Ja, mit absoluter Sicherheit.

Es ist daher zu begrüßen, dass unter den Staatsoberhäuptern der EU eine intensive Diskussion entbrannt ist, wenn diese auch häufig von einem immensen Ausmaß an Unkenntnis und Heuchelei geprägt ist.

Stoltenberg verstimmt

Es versteht sich von selbst, dass der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg diese Pläne in Bausch und Bogen verdammt - würde doch eine eigenständige europäische Verteidigungspolitik, die diesen Namen auch verdient, Schluss machen mit dem einseitigen Konfrontationskurs gegen Russland, den Vertragsbruch gegenüber Iran, ja mit dieser Politik, die lediglich darauf abzielt, Europa zum Abnehmer des überschüssig produzierten Erdöls der Amerikaner herabzuwürdigen und eine zukunftstaugliche energiepolitische Zukunft mit den eurasischen Anrainerstaaten verbaut.

Stoltenberg äußerte, im Sinne seiner Auftraggeber in Washington DC, dass er größere verteidigungspolitische Anstrengungen Brüssels begrüßen würde "Das aber muss innerhalb des Nato-Rahmens geschehen“.

Trump ist beleidigt

Stoltenberg reagierte damit auf den Vorschlag des französischen Staatspräsidenten Macron, welcher die Schaffung einer eigenständigen europäischen Armee vorgeschlagen hatte. In einem Interview hatte Macron die Gründung einer "echten europäischen Armee" als notwendig skizziert, um die Region eigenständiger und weniger abhängig von den USA zu machen, worauf Donald Trump von einem „beleidigenden Vorstoß" raunte.

Selbst überzeugte Transatlantiker räumen inzwischen ein, meistens allerdings hinter vorgehaltener Hand, dass die verteidigungspolitischen Interessen Washingtons nur sehr bedingt mit der Sicherheit Europas übereinstimmen.

Brzezinskis Klassiker

Die strategischen Ziele der Amerikaner lassen sich heute noch immer sehr gut in dem geopolitischen Klassiker von Brzezinskis nachlesen: „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft (The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives)“, welches schon 1997 erschien, aber noch immer von beklemmender Aktualität ist.

Gerade jetzt, wo US-Außenminister Pompeo zusammen mit dem Sicherheitschef Bolton die Fäden zieht, an denen Donald Trump hängt. „Dieses riesige, merkwürdig geformte eurasische Schachbrett – das sich von Lissabon bis Wladiwostok erstreckt – ist der Schauplatz des global play.“, heißt es beispielsweise in dem Werk.

AKK will parlamentarische Kontrolle einschränken

Aber zurück in die europäische Gegenwart. Besteht die Möglichkeit, dass die Debatte um eine europäische Armee nur ein Strohfeuer ist, welches bald wieder erlischt? Ja.

Vielmehr besteht aber die Gefahr, dass eine Europäische Armee inszeniert werden soll, die nur dem Namen nach eine Armee Europas, in Wirklichkeit aber eine NATO-Truppe unter falscher Flagge wäre.

Die Äußerungen, welche die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer neulich gegenüber dem Nachrichtenportal T-Online tätigte, sollten aufhorchen lassen. AKK, wie diese Person von Freund und Feind genannt wird, sagte: “Ich glaube, dass eine europäische Armee Sinn macht. Auf dem Weg dorthin werden wir den Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Bundeswehr ein Stück zurückfahren müssen.“

Man sollte sich diese Sätze einmal auf der Zunge zergehen lassen, um zu begreifen, dass die enge Vertraute der Kanzlerin hier für eine Einschränkung der parlamentarischen Kontrolle plädiert, bei sogenannten „out of area“-Einsätzen.

Diesbezüglich ist es natürlich kein Zufall, dass zeitgleich Ursula von der Leyen, in Mali –unter der Sonne Afrikas– eine „Armee der Europäer“ im Entstehen sieht. Auch die Frau Ministerin ist ja schon seit geraumer Zeit darum bemüht, Parlamentariern den Zugang zur Kontrolle der Bundeswehr zu erschweren. Man fragt sich nur, in welchem Auftrag von der Leyen hier zu handeln gedenkt. Ja, wir brauchen eine europäische Armee, aber nicht so, schon gar nicht unter dem Befehl dieser Politikerin.

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